Dass ich das noch erleben darf: Ich habe einen Job!

Wer meine Beiträge hier in den letzten Monaten verfolgt hat, weiß sicher um meine Jobsituation. Die Klage, die ich hier mehrfach detailliert ansprach, war nur der traurige Höhepunkt einer fünfzehnmonatigen Odyssee, einen Job zu finden.

Nach fast 10 Jahren Leerlauf im Leben habe ich meine Ausbildung zum Zierpflanzengärtner 2017 mit 31 als Jahrgangsbester absolviert, knüppelte die komplette dreijährige Ausbildung in nur 2 Jahren durch und besuchte 2 Berufsschulklassen gleichzeitig, da man mir wegen der 1,0 in der Zwischenprüfung die Verkürzung gewährte. Im Anschluss absolvierte ich das Abi im zweiten Bildungsweg ebenfalls als Jahrgangsbester. Konnte im darauffolgenden Studium leider nicht an meine vorherigen Erfolge anknüpfen und musste nach totalem Zusammenbruch und mehrmonatigem Klinikaufenthalt kurz vorm Ende des Studiums einen Schlussstrich ziehen und 2023 wieder in die Heimat gehen. Ich habe meine Aspergerdiagnose seit 2016, IQ getestet im 130er Bereich, kann in meinen Spezialinteressen überdurchschnittliche Leistungen erbringen (daher habe ich SI Nr1 (Pflanzen) auch zum Beruf gemacht) und habe einen GdB 60 – gerade letzteres in Verbindung mit einer ellenlangen Lücke in meinen Zwanzigern hat mir verdammt große Steine in den Weg gelegt und wohl viele Betriebe daran gehindert, auf meine Bewerbungen zu reagieren.

Ich schrieb seit Februar 2023 Bewerbungen auf Stellen im Zierpflanzenbau (überwiegend in der Produktion aber auch in botanischen Gärten, jedoch ausschließlich in dieser Fachrichtung, da Spezialinteresse und andere Fachrichtungen nicht möglich sind). Am Ende über 130 Stück. Davon wurden ALLE bis auf 3 ignoriert. Diese endeten allesamt in Absagen: Bei Stelle 1 im ÖD an einer Uni ließ man mich ein wochenlanges Auswahlverfahren durchmachen, machte mir bis zum Schluss Hoffnung, entschied sich aber doch für einen anderen Bewerber mit mehr Berufserfahrung. Bei Stelle 2 erteilte man mir nach erfolgreichem Probearbeiten eine Jobzusage, machte aber aufgrund meiner Schwerbehinderung einen Rückzieher – ich klagte erfolgreich. Stelle 3, ebenfalls im ÖD sagte man mir nach dem Probearbeiten ab, bot mir aber eine “ATTRAKTIKVE ALTERNATIVE” an: Eine Stelle bei der Stadt- und Grünflächenreinigung, die keinerlei Qualifizierung bedarf und mich nicht einmal annähernd hätte geistig herausfordern können. Ich fiel aus allen Wolken, empfand dieses Angebot als zynisch.

Diese ganzen Absagen führten mich wieder in Depressionen. Nichts was ich tat war irgendwie zielführend. Hatte nicht die Energie, den Bürgergeldantrag auszufüllen und lebte – bis aufs Geld, was durch die Klage kam, von der Hand im Mund. Komplett unfähig, hilflos und gebrochen, mit immer größer werdendem Hass auf die Gesellschaft, meine Branche und mich selbst.

In meiner Verzweiflung versuchte ich in zaghaften Schritten, meine Fotografie zum Beruf zu machen. Leider führten auch da Absagen zu keiner großen Motivation und Verzweiflung. Ich wurde nicht ernstgenommen und genau so ignoriert, wie bei meinen Bewerbungen im Ausbildungsberuf. Eine weitere Alternative, die aufkam: Ich hätte mich zum Wintersemester wieder an einer Uni eingeschrieben und irgendwas völlig themenfremdes studiert – nur um nicht arbeitslos zu sein. Aber ganz ehrlich hat das letzte Studium ein Trauma ausgelöst, das ich noch nicht überwunden habe. Auch dieser Weg wäre daher von Unsicherheiten geplagt. Ich spielte auch mit dem Gedanken mit meiner Geschichte an die Lokalpresse zu gehen, in der Hoffnung, dass jemand mein Potential erkennen würde, hatte aber nicht den Mut und Angst vor möglichen Anfeindungen auf Socialmedia.

Nun fand ich durch Zufall auf Instagram eine Werbeanzeige, in der ein Betrieb nach Personal suchte. Ich erhoffte mir nicht viel und füllte den Onlinefragebogen aus, bekam jedoch recht zügig eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das Gespräch lief aus meiner Sicht nicht soo pralle, weil ich meine – im Vorfeld erstellten – Skripte nicht im Gespräch anwenden konnte, wie ich es mir erhoffte. So platzte es etwas unbedacht aus mir heraus, dass ich einen Schwerbehindertenausweis habe und ich Autist bin, als man mich auf meine enorme Lücke im Lebenslauf ansprach. Ich bildete mir ein, Stirnrunzeln beim Gegenüber wahrzunehmen, als ich das heikle Thema ansprach und in dem Augenblick war das Gespräch für mich innerlich schon beendet, weil ich mir angesichts der Reaktion keinerlei Hoffnung mehr machte.

Nichtsdestotrotz kam ein paar Tage später eine Zusage. Ich werde ab Juni endlich wieder einen Job haben. Und nicht nur das: Die Firma wird mich aktiv bei meinem Weg zum Meister unterstützen!

Besser kann es eigentlich nicht sein! 🙂

Aber rückblickend hat sich sehr viel Verbitterung angesammelt.. allein zu sehen, wie man heutzutage noch von Betrieben ignoriert wird, weil man nicht dem Mainstream entspricht, keinen linearen Lebenslauf aufweisen kann und dann noch “BEHINDERT” ist. Die Kombination Schwerbehindertenausweis, lückenhafte Vita und Bestnoten scheinen wohl nicht viele zu verstehen. Mir wurde sogar mal auf Socialmedia vorgetragen, meine Zeugnisse wirkten in diesem Kontext gefälscht, weil niemand, der vorher schon nichts im Leben erreichte, plötzlich zu solchen Leistungen im Stande sei.. Ich verlor echt den Glauben an diese Gesellschaft in Anbetracht solcher Aussagen.

Du magst vielleicht auch

Kommentar verfassen