über

Ich bin Ben, ich bin Autist.

Nachdem ich im September 2016, mit 31 Jahren, meine Asperger-Diagnose gestellt bekam, fiel mir eine unbeschreibliche Last von den Schultern. Endlich hatte ich die Gewissheit für eine Vermutung, die sich bereits seit zehn Jahren wie ein roter Faden durch mein Leben zog.

Ich war immer schon anders, aber nicht anders genug, um tatsächlich auch nach außen auffällig anders zu sein. Als Kindergartenkind verschlang ich Lexika, interessierte mich bereits für Pflanzen und die Natur. Fasste gerne Dinge an, weil mich ihre Oberflächenstruktur faszinierte. Die Kindheit und Jugend verlief unauffällig. Ich galt schon immer als ruhig, introvertiert und intelligent.

Doch folgte irgendwann der Schulwechsel von der Realschule in die Oberstufe, der mein Leben nachhaltig veränderte. In der Oberstufe fasste ich während der drei Jahre nie wirklich Fuß und fiel mit 19 Jahren schließlich in ein schwarzes Loch. Mein Schutzschild, den ich mir seit Kindesalter unbewusst aufgebaut hatte, war den neuen Situationen nicht mehr gewachsen und fiel völlig in sich zusammen. Depressionen. Es folgte eine zehnjährige Phase mit nahezu völliger Gesellschaftlicher Isolation und selbstauferlegter Ausgrenzung, aus der ich es nur schwer herausschaffte.

Alles änderte sich, als ich im im Herbst 2011 meine damalige Freundin kennenlernte. Durch sie schaffte ich es, mit meinem “Anderssein” umzugehen und mich dafür nicht ständig selbst zu bestrafen. Ich war frei und ich konnte endlich langsam zurück ins Leben finden. Neben der beruflichen Entwicklung fasste ich während dieser Zeit auch den Entschluss, mich in professionelle Hilfe zubegeben. Nach etlichen Therapien und Gesprächen, folgte im September 2016 endlich mein wichtigster Gang: die Diagnose.

Mit der Diagnose hatte ich endlich eine handfeste Erklärung für mein Verhalten, die nicht mehr ignoriert werden konnte. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon ein relativ normales Leben führte, war dieser Augenblick ein einschneidendes Erlebnis, das mich emotional noch mehr nach vorn gebracht hat und mich dermaßen motivierte.

Zwischenzeitlich hatte ich mein Hobby zum Beruf gemacht und die Ausbildung im Juli 2017 als Jahrgangsbester abgeschlossen. Direkt im Anschluss machte ich das Abi nach, das ich kaum ein Jahr später mit einem soliden Einserschnitt absolvierte (wieder mit Bestenehrung).

Leider ist im Herbst 2017 meine Beziehung nach fast sechs Jahren in die Brüche gegangen; Meine Freundin hat mich verlassen. Der erste Mensch, der mich bis dato dazu motivieren konnte, nach vorn zu sehen, verschwand aus meinem Leben. Ich war auf mich allein gestellt. Eine Situation die ich auch nach über 2 Jahren noch verarbeiten muss, die mich emotional sehr weit zurückgeworfen hat, die mich in vielerlei Hinsicht wieder autistischer und unsozialer machte.

Es folgte ein Neuanfang von 0, der Sprung ins kalte Wasser, der Umzug in ein anderes Bundesland und der Beginn des lang geplanten Studiums in Osnabrück. Eine Situation, mit der ich immer noch klarzukommen versuche. Seit Anfang 2020 bin ich endlich in Autismustherapie, nachdem die Bewilligung dieser über ein halbes Jahr dauerte.

Momentan kämpfe ich mehr oder weniger erfolgreich gegen meine eigenen Dämonen, gegen mein “Anderssein”, für ein – wieder – normales Leben.

Im Schreiben und Bloggen fand ich in den letzten Jahren einen Begleiter, der mir bereits in vielerlei Hinsicht half. Mit dieser Seite möchte ich Aufklären über ein Thema, das zwar mittlerweile eine gewisse Präsenz in den Köpfen vieler Menschen genießt, jedoch oftmals gar nicht wahrgenommen, im schlimmsten Falle gar falsch interpretiert wird.

Vielfach wird man als Asperger-Autist abgestempelt und in völlig falsche Raster einsortiert, ohne dass den Menschen das “Warum” hinter all dem bekannt ist. Das Verhalten von Asperger-Autisten ist im sozialen Bereich anders und stößt oftmals auf Verständnislosigkeit. Nicht umsonst spricht man beim Asperger-Autistmus von einer unsichtbaren Behinderung.

Die kurze Frage nach dem “Warum” könnte bereits Wände einreißen und das Eis brechen lassen. Doch statt zu hinterfragen ist es für viele Menschen einfacher, Betroffene als arrogant und unfähig abzustempeln, statt den Grund ihrer Verhaltensweise in einer seelischen Behinderung zu sehen.

Auf dieser Seite möchte ich einen Einblick in das Leben eines Asperger-Autisten geben und Erlebnisse schildern, um aufzuklären und Klischees zu widerlegen.

Man sieht Betroffenen ihren Autismus nicht an.

Ich bin Autist. Na und?