Kann man in Osnabrück eigentlich auch was anderes, außer sich zu Tode zu langweilen? Fragen über Fragen. Diese Stadt ist für mich wie ein Käfig. Sicherlich sind diese Worte – der eigentlich schönen Stadt gegenüber – unfair, doch bin ich mittlerweile wieder an einem Punkt der Unfähigkeit angelangt, wie ich ihn in diesem Ausmaß zuletzt vor 8 Jahren erlebte.
Jegliche Sozialisierung, die ich mir während meiner letzten Beziehung aneignete, ist verschwunden. Je länger ich hier bin, desto mehr bereue ich den Umzug, desto mehr verkrieche ich mich in mein nicht vorhandenes Refugium und suche Ablenkung im Internet.
Mir fehlt meine gewohnte Routine, mein sicheres Umfeld, das Gleichgewicht in meinem Leben.
Dieses Leben, das ich momentan führe, ist nicht meins. Es ist viel mehr das Leben, das ich mir vor 3 Jahren ausmalte, um anderen Menschen zu beweisen, dass ich kein Verlierer bin. Ein Liebesbeweis für Menschen, die mich längst aus dem Gedächtnis gestrichen haben.
Diese Stadt; Diese Wohnung – es ist eine Hassliebe. So euphorisch ich noch im Sommer war, so sehr hasse ich jeden Moment, den ich hier verbringe.
Die Quintessenz: Ich bin nicht imstande, alleinverantwortlich und selbstständig zu leben und zeitgleich einem Studium nachzugehen. Einfachste Dinge, die mir in den letzten Jahren keinerlei Probleme bereiteten, behindern mich, werfen mich aus der Bahn.
So sehr ich mich gerade nach sozialem Anschluss sehne, wie er mir während der letzten Jahre gegönnt war, so wenig bin ich überhaupt imstande, darauf hinzuarbeiten, wahrgenommen zu werden. Nach einem Semester habe ich es nicht geschafft, auch nur einen Satz mit Kommilitonen zu wechseln, geschweige denn, diese persönlich kennenzulernen. Stattdessen vegetiere ich in meiner Blase und drehe mich im Kreis.
Natürlich versäumte ich es durch meine absolute Missorganisation, einen Nachteilsausgleich für die Prüfungen zu beantragen, der mir laut Diagnose und Gutachten in einem umfangreichen Ausmaße zusteht. Im Grunde ist dieser Nachteilsausgleich für mich der einzige Weg, das Studium nicht an den Nagel zu hängen, der einzige Weg, nicht zu versagen. Das die magische grüne Karte nötig ist und ich dieses Ass tatsächlich ausspielen muss, wurde mir während meiner Ausbildung schon bewusst. Ohne hätte ich damals schon versagt.
Die gestrige Chemieklausur zeigte erste Früchte meiner Desorganisation. Während die ersten 2/3 noch gut von der Hand liefen, steuerte ich mit dem letzten Drittel ins Nichtbestehen. Wieso? Weil mich die – wenn auch subtile – Geräuschkulisse in den Wahnsinn trieb. Rascheln, Husten, Quietschen und Geräusche, die jeder andere Mensch ignoriert, hämmerten immer lauter werdend auf mich ein, ich geriet innerlich ins Kochen und hätte schreienderweise den Saal verlassen können, wäre es nicht so peinlich gewesen. An Konzentration war nicht mehr zu denken, selbst das Raunen der Lüfter in den Beamern war zu viel. Die Texte auf meinen Prüfungsbögen verflossen zu einer Masse, die ich nicht mehr klar wahrnehmen konnte. Ende.
Auf meine Anfrage kurz vor den Prüfungen, teilte man mir mit, dass selbst Ohrenstöpsel, die mir deutlich geholfen hätten, nicht während der Klausuren erlaubt seien, da dies als Täuschungsversuch hätte gewertet werden können.
Mit dieser Erkenntnis werden leider auch die folgenden fünf Prüfungen in den kommenden Tagen ähnlich verlaufen.
Ich fühle mich, als hätte ich den Anschluss verloren. In jeglicher Hinsicht