Ziel nicht erreicht: Im Studium nach nur zwei Semestern versagt?

Ich habe nun ein Problem: Auch wenn die Freude groß ist, dass ich die aktuellen Prüfungen des zweiten Semesters alle bestanden habe – zumindest die vier, die ich schrieb – habe ich nicht alle Credits erreicht, die ich erreichen musste.

Dadurch, dass mich die völlig neue Situation (quasi erster eigener Haushalt, neues Umfeld, traumatische Vorbelastung im Jahr zuvor, viele neue Menschen um mich herum, aufgeben der gewohnten Umgebung) im ersten Semester total überforderte und ich die meiste Zeit fast manisch ins Renovieren meiner Wohnung, statt ins Studieren investierte, wurden mir aus dem ersten Semester nur drei Prüfungen angerechnet.

Ich musste mir einen sicheren Heimathafen bauen, dies konnte ich nur, in dem ich die Wohnung komplett nach meinen Bedürfnissen umbaute und mich ausschließlich auf mich und meine Bedürfnisse konzentrierte. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, waren überfüllte Hörsäle und Menschen um mich herum.

Ergo: Von möglichen 55 Credits bin ich lediglich bei 30. Das Problem: Man benötigt mindestens 40 Credits, um überhaupt zu den Prüfungen des dritten Semesters zugelassen zu werden.

Und hier beginnt erneut der Gedankenstrudel..

Ich schaffe es momentan einfach nicht, die erforderlichen Prüfungen alle zeitnah abzulegen und schiebe deshalb – auch auf Anraten eines Psychologen – bewusst auf. Die Flut an Eindrücken, die von außen auf mich niederprasseln, ist immer noch so groß, dass ich kaum Platz im Kopf habe, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich zerdenke alles Banale und kann meine Gedanken seit einem Jahr nicht mehr nach Prioritäten sortieren und Unwichtiges ausblenden. Dadurch stehe ich seit einem Jahr autismusbedingt fast ständig kurz vor einem Burnout. Eine missverstandene Situation, ein falscher Gedanke und ich verlasse über Tage nicht das Bett – was mich abermals zurückwirft.

Ich versuche nun, die mangelnden Credits mit meiner Behinderung zu argumentieren und hoffe, dass auch hier eine Art Nachteilsausgleich akzeptiert wird.

Ansonsten könnte ich im Januar keine Prüfungen des kommenden Semesters ablegen. Ich würde mir zwar die folgenden Vorlesungen anschauen, müsste aber bis zum Sommer warten, eh ich die Prüfungen schreiben könnte. Im Sommer kämen jedoch sechs weitere Prüfungen des vierten Semesters hinzu. Womit ich bei zwölf Prüfungen wäre, für die ich lernen müsste. Mir sind selbst sechs Prüfungen pro Semester zu viel, weshalb ich bewusst maximal vier bis dato schrieb.

Unter dieser Prämisse würde ich durch die Nichtzulassung im Januar, nun für den Rest meines Studiums fortwährend jegliche Prüfungen nicht im Anschluss des jeweiligen Semesters schreiben, sondern immer im darauf folgenden Semester. Ich müsste also alles doppelt lernen.

In meiner jetzigen Situation ein absoluter Genickschuss, ohne Zukunft, in einer Situation, in der mich jede Kleinigkeit plötzlich überfordert:

  • Der eigene Haushalt; völlig allein in einer fremden Stadt.
  • Die Tatsache, dass ich es noch immer nicht geschafft habe, mir Fachärzte in Osnabrück zu suchen.
  • Die bürokratischen Hürden des Alltags.
  • Die Bafög-Finanzierung und die damit entstehenden Schulden.
  • Die Finanzierung meines Lebens, bei Überschreiten der Regelstudienzeit.
  • Die Tatsache, momentan nicht arbeitsfähig zu sein; mich nicht selbstständig finanzieren zu können.
  • Anträge auf Kostenübernahmen für Therapien.
  • Rechnungen.
  • Die – immer noch – unbekannte Stadt Osnabrück.
  • Die Tatsache, immer noch keinen Anschluss gefunden zu haben – und in meiner jetzigen mentalen Verfassung auch nicht finden werde.
  • Nicht zuletzt zerbricht mir das Studium den Kopf, insbesondere die Panik vor anstehender Projektarbeit mit Kommilitonen und die aktuelle Wahl der Module fürs WiSe, die mich einfach völlig überfordert, weil es so viele Überschneidungen gibt, die nicht logisch erscheinen.

Selbst das Einkaufen und die Planung für das Mittagessen am kommenden Tag beschäftigt mich manchmal so lang, dass wichtige Dinge keinen Platz im Kopf finden.

Nur ein kleiner Blick in meine Gedankenwelt.

Das letzte was ich nun gebrauchen kann, ist eine weitere Verzögerung des Studiums, durch nicht erreichen von Credits, wegen meiner Behinderung, die es mir momentan einfach nicht zulässt, mehr Engagement zu zeigen.

Ich weiß, dass ich in meiner Situation dringend eine Therapie benötige. Die nötigen Schritte dazu sind eingeleitet, aber ich habe Angst, dass mir die Therapie aufgrund weiterer bürokratischer Hürden und Vorgaben nicht gewährt wird. Allein deswegen kann ich seit Wochen nicht schlafen und spinne mir Situationen zusammen, die rein hypothetisch sind.

Als ich noch in der Heimat wohnte, mein gewohntes Umfeld hatte, habe ich sämtliche Abschlüsse als Jahrgangsbester absolviert, verkürzte meine Ausbildung um ein Jahr und fand mich als Überflieger in Zeitungsartikeln wieder und stand deswegen – für meinen Geschmack – viel zu oft im Mittelpunkt. Ich bin intelligent aber ich benötige – aufgrund der völlig anderen Situation momentan – einfach Zeit und keine weiteren bürokratisch festgesetzen Hürden. Unter den aktuellen Bedingungen bin ich einfach nicht in der Lage, meine Leistungen auf einem Niveau zu bieten, wie ich es eigentlich von mir gewohnt bin.

Ich habe Angst. Jeden Tag.

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