Ich habe einen alten Text wiedergefunden, den ich ~2014 schrieb, als ich den ersten Kontakt zu einem Psychiater und Psychologen aufnahm. Dies geschah lange vor meiner Diagnose und treibt mir auch heute noch die Wut in den Kopf:
Man sollte meinen, ein Psychologe wäre ein einfühlsamer Mensch, der es versteht, auf die Probleme anderer Menschen einzugehen, insbesondere wenn sich diese aus freien Stücken dazu überwinden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um langanhaltende Probleme zu bewältigen.
Ich selbst befinde mich an einem Punkt, an dem mir eben diese Hilfe der einzig vernünftige – unumgängliche – Weg zu sein scheint. Viel zu lang schon schiebe ich meine zähflüssigen Gedanken umher, ohne wirklich aus ihnen schlau zu werden. Sie bestimmen meinen Alltag seit viel zu langer Zeit und hindern mich, Dinge zu tun, die für andere Menschen alltäglicher Natur sind.
Mein erster Kontakt zu einem Psychologen führte mich zu einem Amtspsychologen der Arbeitsagentur, welcher sich meiner Geschichte annahm und ein offenes Ohr zeigte. Es war ein leicht schrulliger, aber doch sympathischer Mensch, der Geduldig zuhörte, über scheinbar banales mit mir sprach und zum Schluss ein Resümee zog, welches ich über mich und meine Situation nicht passender hätte formulieren können. Natürlich war mir bewusst, dass dieses eine Gespräch keine allgemeingültige Diagnose war, doch wurd mir zu diesem Zeitpunkt klar, wo ich meine Gedanken einzuordenen habe und war recht froh, eine grobe Einschätzung eines professionellen Gedankendoktors erhalten zu haben. Ich wusste zumindest nun, wo ich ansetzen musste, um weiter am Ball zu bleiben, welche Schritte ich zu gehen hatte.
Der nächste Schritt führte mich, wie von mehreren Seiten empfohlen, zu einem Neurologen. Im Grunde ein überflüssiger Gang, dem ich bis heute nichts positives abverlangen kann. Gerade wenn es um sensible Themen wie die Psyche geht, sollte man sich im Umfeld der Behandlung zumindest nicht so unwohl fühlen, dass man am liebsten schlagartig fliehen möchte. Schließlich muss die Chemie stimmen, um sich erfolgreich auf die Behandlung einzulassen. All dies war dort nicht gegeben: Eine altbackene Praxis, welche aus Zeiten Freuds persönlich hätte stammen können, sowie ein ebenso biederer Psychiater, welcher mir persönlich nicht unbedingt als der sympathischte erschien. Hier wollte ich gar nicht sein, doch gab es kein zurück. Ich fühlte mich in eine vergangene Epoche zurückversetzt, in der Lobotomien die einzig probate Behandlung zu sein schienen. Ein recht ruppiger Umgang und Massenabfertigung rundeten die ganze Situation ab. Der Arzt vermittelte mir direkt, dass er für meinen konkreten Fall nicht die richtige Anlaufstelle darstellte und empfahl mir stattdessen einen Psychotherapeuten. Zudem gab er mir eine erste Dosis Antidepressiva mit. Für welche ich mir nach zehn Tagen ein Rezept hätte abholen müssen. Doch schon beim ersten Besuch war mir recht schnell klar, dass ich diese Praxis kein weiteres Mal betreten würde. Ekel und Abscheu förderten in mir ein zu großes Unwohlsein zu Tage, dass ich besagte Praxis nicht wieder betrat und somit auch kein Rezept erhielt. Ein Fehler, welchen ich bewusst begangen habe, doch maß ich ihm keine weitere Bedeutung bei. Schließlich gab es auch noch andere Praxen, welche in Frage kamen.
So wandte ich mich an den mir zuvor empfohlenen Psychotherapeuten und vereinbarte einen Termin. Die schnelle Wartezeit von 1 1/2 Wochen stimmte mich positiv. Schließlich sind in anderen Praxen meist mehrere Wochen bis gar Monate einzukalkulieren.
Beim Thema Psychologe hatte ich immer noch das fast viel zu ideale Gespräch mit dem Amtspsychologen im Hinterkopf. Mit dieser Vorstellung ging ich zu Herrn T. Ich suchte Antworten auf mein Problem, um dieses zu verstehen und damit umzugehen – einfach um zu wissen, was nun mit mir los ist, um an mir zu arbeiten.
Der Tag der Tage näherte sich und fing schließlich damit an, dass man mir eine recht umfangreiche Mappe mit diversen Fragebögen vorlegte. Über fast zwei Stunden hinweg machte ich brav meine Kreuzchen und schilderte meine Situation in freien Texten. Vielfach erschienen diverse Fragebögen in redunanter Ausführung mit leicht abgeänderten Fragegestellungen und erinnerten an Psychotests, wie man sie im Internet zu Hauf findet. Doch erschien mir diese Methode recht sinnvoll, um sich dem unbekannten Therapeuten in kompakter Weise vorzustellen. Auch wenn ich bis dato noch kein persönliches Gespräch mit dem Master of Therapy himself führte, war ich guter Dinge und freute mich gar auf das nahende Gespräch.
Zwischenzeitlich ließ sich der Therapeut sogar im Wartezimmer blicken, doch würdigte er die Wartenden keines Blickes. Angesichts der Tatsache, dass zu dem Zeitpunkt das Wartezimmer recht überschaubar besetzt war und im Grunde nur ich (mit meiner Freundin als Begleitung) dort wartete, schon ein erstes Ereignis, das mich ein wenig skeptisch stimmte. War er einfach nur unfreundlich oder hatte er wirklich so viel zu tun, dass es nicht einmal für eine kurze Begrüßung des neuen Patienten reichte?
Die ausgefüllte Mappe gab ich schließlich bei der Empfangsdame ab, welche die Fragebögen auswertete und die Ergebnisse dem Therapeuten vorlegte. Kurze Zeit später wurde ich auch schon ins Gesprächszimmer gerufen. Der Therapeut wirkte wortkarg und distanziert. Der erste Eindruck alles andere als sympathisch. Ich deutete das Verhalten als taktische Maßnahme, um meine Reaktion zu ergründen. Schließlich fragte er mich, was mein Anliegen sei und was er für mich tun könne. ich schilderte meine Geschichte, wie ich sie auch schon in der zuvor ausgefüllten Mappe darstellte und nannte Beweggründe und Ziele, welche ich mir aus einer Therapie erhoffte.
Aufgrund der Tatsache, endlich den Schritt in Richtung Therapie gewagt zu haben war ich dementsprechend aufgeregt und sprach hektisch und schnell. Eine Sache, die mir in solchen Stresssituationen oft widerfährt. Doch dass ausgerechnet der Therapeut dies scharf kritisierte und mich regelrecht dazu aufforderte endlich mal vernünftig und deutlich zu sprechen, stimmte mich noch missmutiger und erregter. Ich fühlte mich zunehmends unwohler und verschloss mich um so mehr dem Therapeuten gegenüber.
Als Fehler stellte sich nun heraus, von dem vorhergehenden Besuch beim Neurologen erzählt zu haben. Die Tatsache, dass ich es damals bei einem Besuch beließ wertete er als Desinteresse an einer Behandlung. Das Argument, dass ich mich dort unwohl fühlte, ließ er nicht gelten und redete mich in Grund und Boden. Selbst die Aussage des Neurologen, dass ich bei einem Therapeuten besser aufgehoben sei, widerlegte er. Unter solchen Umständen habe er – wortwörtlich – keinen Bock, mich zu behandeln und ich würde anderen Leuten die Kapazitäten klauen. Ich fiel aus allen Wolken. Sowas von einem Psychologen? So langsam begriff ich, wieso es dort so schnell einen Termin gab.
Statt meiner erhofften Antworten erhielt ich nur weitere Fragen: Hat mich der Therapeut überhaupt ernst genommen? War ihm überhaupt bewusst, dass er einen Menschen vor sich hatte, für den dieser Gang zum Therapeuten eine große Überwindung darstellte? Auf mich als Person wurde nicht eingegangen. Mein Problem in ein komplett falsches Licht gedrängt und einhergehende Symptome und Begleitumstände zum Hauptproblem gemacht. Es hagelte Zynismus und Vorurteile. Man ließ mich nicht ausreden und pauschalisierte anhand oberflächlicher Fakten, ohne auch nur den Versuch zu starten, mich kennenzulernen. Immer wieder wurde auf meinem Verhalten herumgeritten und Begleiterscheinungen, welche nur das Resultat anderer Probleme sind, zum angeblichen Hauptproblem glorifiziert. Der Fragebogen, welchen ich zuvor über 2 Stunden ausfüllte, wurde erst gar nicht beachtet, mein Hilferuf komplett ignoriert. All das Seelenstriptease vergebens.
Jegliche Hoffnung auf Lösung meines Problems schien in dieser Praxis zu verpuffen. Empathie suchte ich vergebens. Dieser Unmensch wirkte auf mich wie ein emotionaler Mähdrescher, der es verstand, sein gegenüber einzuschüchtern und zu manipulieren. Nie fühlte ich mich so hilflos, dumm und schlecht, wie bei diesem Gespräch.
Der Therapeut nutzte seine Position schamlos aus und spielte ein perfides Machtspiel. Sein Verhalten verschlug mir all zu oft die Sprache, ich konnte nicht fassen, was ich dort erlebte. In Anbetracht der Schocksituation fiel es mir schwer, passende Worte zu finden und merkte, wie sich Zorn und Hilflosigkeit in mir ausbreiteten und mich stottern ließen. Sie können sich ja nicht einmal vernünftig artikulieren, war seine Reaktion und er fing an mich als hoffnungsloser Blödel darzustellen. Das Gespräch entwürdigte mich immer mehr und er ging in seiner Rolle immer weiter auf, mich unaufhörlich zu demütigen, beleidigen und einzuschüchtern.
Was ich dort erlebte, war traumatisierend, entwürdigend und versetzt mich auch nun – 36 Stunden danach – noch in einen Zustand der Ohnmacht. Es ist ein Unding, wie ein solch inkompetentes Arschloch in einem solch sensiblen Bereich arbeiten kann. Was ich dort zu hören bekam, war Stammtischgeplenkel unterster Güte. Eine Internetrecherche zeigt, dass ich nicht der einzige bin, dem dies bei besagten Therapeuten passierte.
Nun wird eben wieder herumtelefoniert und nach Alternativen gesucht.. Dort werde ich mich auf jeden Fall nicht wieder blicken lassen!