Ich bin unerwünscht.

Im hiesigen ATZ in Osnabrück wurde nach mehrmonatiger Planung eine Selbsthilfegruppe für Aspies gestartet. Ich sagte bereits vor über einem Jahr meine Teilnahme zu und bekundete starkes Interesse. Im Dezember gab’s dann individuelle Vorgespräche mit jedem Teilnehmer um Interessen und NoGos auszuloten. Ich freute mich, dass es endlich losgehen sollte, weil es mir eine wichtige Chance darstellte im Exil soziale Kontakte aufzubauen und somit wichtiger Teil meiner Strategie war, aktiv gegen meine Depressionen zu kämpfen. Allerdings gab es zu dem Zeitpunkt noch keinen genauen Starttermin, nur eine vage Aussage, dass es irgendwann im Februar starten solle.

Nun war ich von Weihnachten bis Anfang Februar relativ schwer erkrankt und bettlägerig. Zu allem Überfluss kamen wieder schwere Depressionen hinzu, weil mich diese Situation einfach so sehr belastete – alles in allem eine suboptimale Kombination, zumal ich aufgrund eines anfänglichen, nicht auszuschließenden Krebsverdachtes (der sich nicht erhärtete) plötzlich jeglichen Bezug zu meinen Verpflichtungen verloren hatte und mental dabei war, abzuschließen. Ich brauchte Wochen, um diesen Modus wieder zu verlassen. Allerdings fehlte ich in dieser Zeit (logischerweise aufgrund der Erkrankung) in der Autismustherapie und meldete mich bei meinem Therapeuten im ATZ krank. Während dieser Zeit begann die Selbsthilfegruppe und ich konnte logischerweise nicht an der ersten Sitzung teilnehmen, da ich 150km entfernt bewegungsunfähig in der Heimat im Bett lag.

Kurze Zeit später konnte ich wieder ins Exil reisen und das ATZ zwecks Autismustherapie besuchen. Ich ging davon aus, an der zweiten Sitzung der SHG teilnehmen zu können und schrieb dem Leiter der Gruppe eine hoffnungsvolle Mail, in der ich meine Situation nochmals erklärte. Dummerweise wurde meine Krankmeldung offensichtlich intern nicht weitergeleitet oder ging unter und ich erhielt eine Antwort, die mir “den Boden unter den Füßen wegriss”.

Ich habe gefehlt, wäre nicht erreichbar gewesen (Chapeau, war ich auch aufgrund meiner Umstände nicht, aber ich meldete mich im ATZ krank!) und die Gruppe sei (nach nur einer Sitzung) nun eine perfekte Einheit, in der kein Platz mehr für mich sei. Man hätte meinen Platz geräumt, da eine neue Person die Harmonie/Energie/Dynamik der Gruppe stören würde. Soweit so gut.. Die Enttäuschung war groß, aber irgendwie konnte ich die Thematik halbwegs nachvollziehen, wenn auch nicht akzeptieren, da ich der Ansicht war, dass man mir nach den entsprechenden Umständen wenigstens die Chance hätte geben können, Teil diese Gruppe sein zu dürfen, auf die ich mich über ein Jahr mental vorbereitete. All diese Planung und mentale Vorbereitung mit anschließendem “Nein, du kommst hier nicht mehr rein” war für mich wie ein Schlag ins Gesicht, etwas das mich in meiner Konsistenz und Harmonie extremst aus der Bahn warf und dazu beitrug, dass meine Depressionen erneut an Fahrt Aufnahmen. Eben das, was ich laut Mail der Gruppe angetan hätte (wäre ich später hinzugekommen) tat man mir an.

Doch das Schlimmste kam erst ein paar Tage später.. Durch eine Bekannte, die ebenfalls an dieser Gruppe teilnimmt, erfuhr ich, dass – während man mir aufgrund meines nicht Erscheinens wegen ernster Krankheit die Teilnahme an der Gruppe, auf die ich mich über ein Jahr einstimmte, in die ich so viel Hoffnung setzte, verwehrte – einer anderen Teilnehmerin mit vollem Selbstverständnis einräumte, zu einem späteren Termin zur Gruppe stoßen zu können.

Das ist nun bald vier Wochen her. Ich bin immer noch gelähmt und schockiert. Der Gruppenleiter der SHG ist zudem der Leiter der gesamten Einrichtung, jedoch nicht mein direkter Therapeut. Mein Therapeut hingegen, bei dem ich mich bzgl meiner Erkrankung meldete, leitete diese Info augenscheinlich nicht weiter (zudem kam von ihm im Kontext einer Mail, die ich ihm während meiner Abwesenheit schrieb, die Aussage “solche langen Emails liest eh kein Mensch” – sorry, ich kann mich eben durch lange Texte am besten ausdrücken) . Ich fühle mich aufgrund dieser Umstände in diesem ATZ seit dem ehrlich gesagt unwohl, nicht mehr willkommen und salopp gesagt verarscht.

Das ATZ war immer meine letzte Bastion, wenn es um Probleme ging, die ich nunmal habe, seit dem ich zwecks Studium 2018 nach Osnabrück gezogen war. Das ATZ gab mir Hoffnung und Kraft, wenn ich kurz davor war, wieder mal aufzugeben.. Doch seitdem der alte Leiter (der zugleich mein langjähriger Therapeut und meine absolute Vertrauensperson in jeglicher Hinsicht war) letzten Sommer in den Ruhestand ging, ist einfach nichts mehr, wie es war.

Die aktuelle Situation im ATZ war ehrlich gesagt “das letzte Zünglein an der Waage”, das mich in meinem Gedanken bekräftigte, mein Exil unverrichteter Dinge zu verlassen, aufzugeben, wieder in die Heimat zu gehen.. Mir fehlt es einfach an Kraft und Vertrauen, diesen ehemaligen Safespot weiterhin als solchen zu sehen. Ohne Safespot bin ich wie eine Schnecke ohne Haus, die im Getümmel von tausenden Füßen zertrampelt wird. (metaphorisch gesehen zumindest.. Ein Schneckenhaus wird dem Tritt eines Menschen natürlich auch nicht standhalten und zerbersten).

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