Als für mich zum Jahresbeginn klar wurde, dass das Studium für mich keinen Sinn mehr ergab, begann ich Bewerbungen zu schreiben. Während dieser Zeit hatte ich – bis einschließlich heute – exakt zwei Vorstellungsgespräche, beide im botanischen Garten der HHU Düsseldorf im öffentlichen Dienst.
Nach der ersten Absage auf eine Stelle, die für mich der ideale Traumjob gewesen wäre, nämlich im Bereich der Pflanzenforschung, war ich mir ziemlich sicher, dass man mich nur der Quote wegen einlud und durch den Bewerbungsprozess schleuste, um mir hinterher zu sagen, dass es für mehr leider nicht reichte (Details). Die Verbitterung über diesen Reinfall sitzt bis heute tief und lässt mich nicht drüber hinwegsehen, was man mir alles zumutete, um mir letztendlich doch die Absage zu erteilen.
Seitdem sind mehrere Monate vergangen, doch im Oktober fand ich erneut eine Stelle in besagtem botanischen Garten, auf die ich mich bewarb. Allerdings war mir von vornherein klar, dass diese aktuelle Stelle nur eine Notlösung sein würde, da es sich nur um einen Halbtagsjob in einem anderen Bereich, mit dem ich mich nicht identifizieren konnte, handelte. Doch ich bewarb mich, um eben in einem botanischen Garten arbeiten zu können und den “Fuß in der Tür” zu haben, für einen späteren Wechsel in eine bevorzugtere Abteilung oder auch um das Bekannte Vitamin B zu gewinnen, welches mir vielleicht eine Empfehlung für einen anderen botanischen Garten gebracht hätte.
Auch dieses Mal erhielt ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, doch merkte ich, dass ich mich nicht freute. Klar hätte ich mit einem Halbtagsjob meinen Plan B ausführen und nebenbei weiter studieren können, doch konnte ich mich akut noch nicht damit anfreunden.
Die Anfahrt ins 50km entfernte Düsseldorf war bereits holprig und durch massive Verkehrsbehinderungen geprägt. Zudem drückte meine Blase heftigst und die Stimmung war generell angeschlagen. Doch meine Zeitplanung war perfekt: Wir kamen rechtzeitig an und ich machte mich auf den Weg vom Parkplatz in den botanischen Garten. Auch der Umweg zum Toilettenhäuschen war eingeplant. Doch war der geplante Weg durch Reinigungsarbeiten versperrt. Ich mogelte mich dennoch durch, da ich im Vorfeld bereits diesen Weg einplante und keinen Umweg in kauf nehmen konnte. Nachdem die Blase entleert war, ging ich den selben Weg zurück. Allerdings sprach mich der Arbeiter wutentbrannt an und hielt mich auf. Ich ging einen Umweg. Erneut ein unnötiger Stressfaktor, der Zeit kostete.
Ich rannte zum angepeilten Gebäude und wurde bereits von innen gesehen. Ich blieb stehen, schaute auf die Uhr: 10:02. Zwei Minuten zu spät. Während man mich anguckte, drehte ich auf dem Absatz um und ging unverrichteter Dinge wieder zum Auto. Ich hörte Rufe und ignorierte sie.
Ein tolles Vorstellungsgespräch. Nicht.
Noch im Auto schrieb ich folgende Mail, auf die natürlich keine Reaktion kam..
[..] da ich aufgrund der Reinigungsarbeiten an der Zisterne am Afrikahaus einen nicht einkalkulierten Umweg zum Toilettenwagen nehmen musste, verspätete ich mich leider um zwei Minuten.
Das ist ein für mich nicht hinnehmbarer Fakt, weshalb ich nicht am Vorstellungsgespräch teilnehmen konnte.
Mit freundlichen Grüßen, [..]
Ein wunderbares Beispiel, wieso ich einen Schwerbehindertenausweis habe. Mich bringen Kleinigkeiten und Abweichungen vom Plan so dermaßen aus dem Takt, dass ich in einen Tunnelblick verfalle und flüchte. Und ja, ich wies explizit auf meine Behinderung bereits im Anschreiben hin und reichte auch den Schwerbehindertenausweis als Nachweis ein.
Ich habe immer noch ernsthaft Angst, dass sich dieser Reinfall, den ich längst nicht überstanden habe, wieder traumaartig bei mir manifestiert und ich dadurch in zukünftigen Bewerbungssituationen mir selbst im Weg stehe.